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An(ge)dacht
zur Bedeutung von Weihnachten
„Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.“ (Sacharja 2,14)
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Mit diesem ausgewählten Bibelvers für den Monat Dezember ermutigt der Prophet Sacharja damals das Volk Israel, das aus dem babylonischen Exil zurückgekehrt war. Nach den vielen Entbehrungen in der Fremde suchten die Menschen einen Neuanfang. Sie sehnten sich nach Vertrautem, nach Heimat, nach Sicherheit, nach Geborgenheit. Darum fingen sie an, den zerstörten Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Denn der Tempel würde DER Ort für ihre körperliche, seelischen und religiöse Heimat sein – weil Gott dort mit seiner ganzen Strahlkraft wohnen würde. Und noch mehr:
Wo Gott wohnt, ist die Freude zuhause. Wo Gott wohnt, weichen Traurigkeit und Verzweiflung. Wo Gott wohnt, ist Freiheit, ist Liebe, ist Friede und sein Segen. „Siehe, ich will bei Dir wohnen, spricht der HERR.“ Wenn ich diese Worte Sacharjas lese, bekomme ich eine Gänsehaut. Weil die Nähe und Gegenwart Gottes so wohltuend sein muss.
Und gleichzeitig fühle ich mich auch etwas unwohl. Ich frage mich, ob ich die geballte, ungefilterte, heilige Gegenwart Gottes aushalten könnte. Ich ahne, ich spüre, dass – wenn ich genau jetzt, wo ich an dieser Andacht sitze, diese dichte Nähe zu Gott erleben würde - mein Leben sich nochmal sehr verändern würde. Dass ich mit Gewohnheiten brechen würde und brechen müsste – weil sie nicht zu Gottes Gegenwart und Heiligkeit passen. Dass meine Sicht auf die Welt, wie ich viele Dinge bis jetzt bewerte, wie ich denke und handle, durch die Gegenwart Gottes verändert werden und ich neue Schritte gehen würde. Die ungefilterte Nähe Gottes wäre nicht nur kuschelig, sondern auch sehr herausfordernd. Und trotzdem: Es wäre so schön, so gut, so tröstend, alles verändernd, wenn Gott in der Mitte wohnen würde – mitten in unserer Stadt, mitten in unserem Leben, mitten in unserer Arbeit, mitten in unseren Herzen... Ach, wäre Gott doch mitten unter uns! Wobei... Gott hat das schon mal gemacht! An Weihnachten wird Gott ein Mensch, kommt Gott als Kind zu uns. Jesus wird überraschend und unspektakulär in den Alltag hineingeboren – in die harten Lebensumstände, in diese oft so lebensfeindliche und bekümmernde Welt. Für viele Jahre wohnt Gott durch Jesus mitten unter uns, bis er sich zu erkennen gibt. Gott bleibt unbemerkt für viele Jahre nur „Jesus, der Zimmermann aus Nazareth“, lernt das Denken und Fühlen der Menschen als Mensch kennen, unsere Sehnsüchte nach Erlösung, nach Glück und Segen. Niemand kann sagen, Gott nähme nicht Anteil oder wüsste nicht, wie es uns geht. Warum aber kommt Gott zu uns? Weil er unseren und den Zustand der Welt nicht aushält. Weil Gott sich weder mit dem Elend der Welt noch mit der täglichen Schuld, Ungerechtigkeit, Zerstörung abfindet. Wir haben uns vielleicht daran gewöhnt – Gott nicht. Darum beginnt Jesus vom „Reich Gottes“ zu predigen und als der verheißene und erhoffte Messias aufzutreten. Und Menschen erleben bis heute: „Da ist einer, der mich zutiefst kennt und versteht. Der mich nicht verurteilt und ablehnt, sondern mich annimmt, wie ich bin. Der mich nicht im Stich lässt, aber auch meine Macken und Fehler anspricht und mich von diesen Lasten befreit.“
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Wo Gott ist, ändern sich die Dinge und ändern sich Menschen! Die Welt wird anders, wo Menschen beginnen, die Welt durch Gottes Augen zu sehen! Gottes Maßstäbe helfen, Unwichtiges von Wichtigen zu unterscheiden – und dass wir nicht in Versagen, Verzweiflung oder Wut stecken bleiben. Wo Gottes Maßstäbe in der Mitte sind, geht es gerecht zu, gehen Menschen gnädig mit anderen um, teilen großzügig, vergeben schneller, lieben tiefer und beständiger.
Aber wie ist das heute? Ist ja schön, dass Jesus an Weihnachten gekommen ist – aber wo ist Gott heute zu finden? Die Antwort ist: Jesus begegne ich (hoffentlich) vor allem in der Gemeinschaft mit anderen Christen – in der Gemeinde, im CVJM... Und darüber hinaus in nach außen hin ganz normalen Menschen: im verständigen Arzt, in der verlässlichen Freundin, im treuen Partner, in fürsorglichen Eltern und oft auch in spontanen Begegnungen mit „Fremden“. Gott finde ich in den Menschen, die mir helfen und für mich da sind... und die als meine Nächsten meine Liebe und Hilfe nötig haben. Darum ist Jesus mir schon viel öfter in meinem Leben begegnet, als ich bewusst sagen würde. Oft haben die Jünger ihren HERRN in ihrer Trauer oder Angst auch nicht auf den ersten Blick erkannt. Wir sind also in guter Gesellschaft. Aber selbst wenn wir es nicht sehen oder spüren - Gott geht jeden Tag an unserer Seite mit. Das hilft mir immer wieder, Probleme zu lösen oder Unveränderliches ertragen zu können. Und eines Tages wird Gott sein Reich noch vollenden. Jesus wird nochmal wiederkommen – auch daran erinnern wir uns an Weihnachten. Dann wird Gott direkt, ganz persönlich, ungefiltert mitten unter uns wohnen. Wir warten darum zurecht sehnsüchtig auf die Erlösung der Welt. Gott wird alle Tränen abwischen. Tod und Leid, Klagen und Weinen wird es nicht mehr geben. Wir müssen darum an Weihnachten weder unser Leben noch die Welt schön reden. Wir müssen nicht „auf heile Welt machen“ - weil das Heil der Welt noch kommt! Von dieser Zukunft, von dieser Perspektive erzählen und singen wir an Weihnachten in Liedern wie „Tochter Zion, freue dich“, das Georg Friedrich Händel so erhebend, feierlich, und tröstend vertont hat. Wer Gott beim Wort nimmt, kann sich der Sehnsucht nach ihm nicht mehr entziehen. Wir sind heute näher dran an Jesu Wiederkommen als gestern. Die Advents- und Weihnachtszeit erinnert uns daran, dass das Beste noch kommt. In diesem Sinne wünsche ich ein frohmachendes und gesegnetes Weihnachtsfest!
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Jugendsekretär Sebastian Begaße